Samstag, 6. September 2014

Handy in die Schultüte?

#handyinschultüte

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Gehören meiner Meinung nach Handys in die Schultüte? Diese Frage stellte mir neulich Britta von zwergalarm, mit der sie gleichzeitig eine Bloggerparade  ins Leben rief


Hm, was soll ich dazu sagen … ab und zu bin ich mir gar nicht sicher, ob diese Dinger in die Hände von manchen Erwachsenen gehören sollten!! 


Warum?


Darum: Es ist schon etwas her, da hat sich meinem Mann und mir in einem Restaurant ein trauriges Bild geboten. Zwei befreundete Pärchen haben sich allem Anschein nach zum Lunch getroffen.  Sie kamen nach uns, begrüßten sich herzlich, wechselten einige Worte und freundliche Gesten und das so lange bis der Kellner mit der Karte kam. Danach geschah nichts mehr, lediglich die Menüorder. Und während mein Mann und ich unser Gespräch nur dann unterbrachen, wenn die Gabel zum Mund geführt werden wollte oder der Kaureflex einsetzte, herrschte am Tisch nebenan die absolute Stille. Unwillkürlich wanderte mein Blick in die Richtung dieses Tisches; es war einfach so beängstigend still. Diese vier Menschen nahmen an keinem Gespräch teil, an keinem gegenseitigen Austausch. Vier Erwachsene  vertieft in ihre Elektrospielzeuge. „Denk nach, Mariola“ ging es mir leise durch den Kopf. „Vielleicht ist das ja ein interkultureller Konflikt, den du gerade innerlich ausficht. Vielleicht sind das da drüben keine Menschen, sondern Außerirdische, deren Kommunikationskultur wir nicht weiter kennen und die sich – wie wir alle aus gut recherchierten Science-Fiction-Filmen wissen – sowieso per Gedankenkraft austauschen. GENAU! So muss das sein!“ Was für eine Erleichterung. Gott sei Dank, habe ich eine Erklärung für dieses befremdliche Verhalten gefunden. Mit meiner Welt wieder im Einklang habe ich nicht einmal registriert, als sie noch vor uns das Restaurant verließen.  Ebenso still und leise … vielleicht durch's Beamen? Später dann, auf dem Weg zum Wagen setzte meine innere Fragerunde wieder ein, als ich meine persönliche Beobachtungsstudie intensivierte und die Umgebung nach befremdlichen Verhalten scannte. Nach einer Weile kam ich zu dem Schluss: SIE  SIND  TATSÄCHLICH UNTER  UNS! …


Ob es nun Außerirdische unter uns gibt oder nicht, Handys und Smartphones sind ein wesentlicher Teil unseres Lebens geworden. Selbst dann, wenn wir gern den Spruch zum Besten geben: „Damals haben wir so etwas nicht gehabt und sind trotzdem super zurechtgekommen“,  ich kenne niemanden, der ein solches Gerät nicht hat. Wir leben unseren Kindern diese Welt vor und an uns liegt es, sie vor Gefahren, die der Umgang mit Handys, Smartphones etc. mit sich bringen könnte, zu schützen. Zu solchen Gefahren zähle ich, hier nur exemplarisch aufgelistet: Abhängigkeit, Spielsucht, Vereinsamung, Kontrolle und meiner Ansicht nach einen bisher kaum vorhandenen und vertrauenswürdigen Nachweis darüber, wie stark die Strahlung dieser Geräte ist und wie sie sich auf ihre und auch auf unsere Gesundheit auswirkt. Zu einer ebenfalls großen Gefahr zähle ich, wenn Kinder von früh auf lernen, sich mehr über das Haben als über das Sein zu definieren. Handy oder Smartphone als Statussymbol sind gerade für diesen Punkt ausschlaggebend. 


Unsere eigenen Kinder sind mittlerweile 10 und 14 und beide haben jeweils ein Handy. Die Große bekam ihr Handy als sie in die Oberschule wechselte, also vor etwa 4 Jahren, da war sie 11. Die Kleine bekam ein Handy bereits zu ihrem 9. Geburtstag. 


Hat sich seit dem die Welt der Kinder völlig auf den Kopf gestellt? Sitzen sie seitdem Tag und Nacht wie gebannt davor? Schlafen sie komplett entkräftet ein, nachdem sie bis zur Bewusstlosigkeit damit gesimst und gespielt haben? 


NEIN! 


Warum denn nicht? 


Ich weiß es nicht! Ich kann nur mutmaßen.


Vielleicht, weil wir zu Hause die Handys und Smartphones bloß als eine Art Arbeitshilfe betrachten und sie vor allen Dingen für unsere Arbeitszwecke einsetzen. 


Vielleicht, weil wir es trotz dieser Geräte und ihrer Verführungsstrategien schaffen, uns zu unterhalten, auszutauschen, zuzuhören, Dinge gemeinsam  zu unternehmen. 


Vielleicht, weil sie außerdem noch anderes im Kopf haben, um das sie sich kümmern müssen: Ein Hund, zwei Katzen, Hausaufgaben, Hobbys und Freunde treffen, ein bisschen im Haushalt helfen und das eigene Zimmer auf Vordermann bringen. Mit Großeltern, Tanten und Onkeln Ausflüge machen etc. 


Hierbei möchte ich aber anmerken, dass sie die Handys fast jeden Tag benutzen – aber in einer so maßvollen Dosis, dass wir damit alle ziemlich gut leben können. Meistens irgendwie zwischendurch, wenn gerade nichts ansteht, was spannender ist. Es kommt aber auch genauso häufig vor, dass sie die Handys über mehrere Tage komplett vergessen. 

Handy in die Schultüte



Kommen wir zurück zu der Frage: Gehören Handys in die Schultüte? Ich denke: NEIN. 


Warum?


Erstmal ein ganz normaler und sachlicher Grund: Lehrer hassen Handys! Sie wollen sie weder im Unterricht, noch in den Pausen und erst recht nicht auf Klassenfahrten sehen. Jedenfalls nicht die Lehrer, die bisher unsere Kinder unterrichtet haben.  Im Klassenverband und auf dem Schulhof lenken Handys oder Smartphones die Kinder vom Lernen und auch von gemeinsamen Bewegungsspielen ab und wecken Sozialneid – zwei wesentliche Punkte, die man unbedingt überdenken sollte, bevor man einem Erstklässler ein Handy in die Schultüte packt. 


Und jetzt einige persönliche Gründe:


Kinder brauchen Aufmerksamkeit – unsere Aufmerksamkeit, psychische und physische Anwesenheit. 


Das Leben findet draußen statt – nicht vor dem Handy, Computer, Fernseher ….


Sowohl soziale und emotionale Kompetenz, als auch Konfliktfähigkeit können nur im Umgang mit anderen Mitmenschen erworben werden.  Das muss man lernen, dazu sind Kontakte von Nöten – keine einprogrammierten Smileys. 


Kinder müssen auch die Erfahrung machen, dass wir ihnen vertrauen, uns auf sie verlassen und Ihnen Dinge auch zutrauen! Deshalb ist es für mich unbedeutend, dass mein Kind mich darüber in Kenntnis setzt, dass es:  Gerade die Schule verlassen hat - und 4,6 Minuten später, gerade auf dem Weg nach Hause ist, an der Kreuzung xy steht, wo die Ampel gerade auf Rot gesprungen ist, weshalb es sich vermutlich um 3,5 Minuten verspäten wird. Das hat etwas Zwanghaftes und Kontrollsüchtiges. 


Das bin nicht ich und das will ich auch nicht sein. 


Ich weiß, dass an dieser Stelle sehr viele Eltern „schreien“  werden und ich hatte schon einige Elterngespräche zu diesem Thema gehabt. Das ist aber meine Meinung schon immer gewesen. Punkt. 


Der Horizont der Kinder erweitert sich dann, wenn wir ihnen Anstöße geben und zeigen, was die Welt für sie offen hält. Dazu müssen wir ihnen Raum geben, damit sie sich ausprobieren können. Kein Kind weiß, ob es gern tanzt, ein Instrument spielt, schwimmt, reitet, bastelt, Fußball spielt, Fahrrad fährt etc. wenn wir ihnen diese Möglichkeiten nicht anbieten und sie am Anfang dabei begleiten. Wenn man niemanden zum Fußballspielen hat, wird man nie erfahren, wie gut es sich anfühlt, wenn man sich einmal so richtig auf dem Spielfeld austoben konnte. Wenn niemand einem Kind das Fahrradfahren beibringt und regelmäßig Ausflüge unternimmt, wird es sich nie sicher auf den zwei Rädern fühlen und irgendwann selbständig mit Freunden kleine Vorhaben starten – und sei es nur, um sich gegenseitig abzuholen, um zum Sportplatz zu fahren, oder um ein Spielplatz-Hopping zu machen. 


Letzteres lässt sich von Kindern perfekt mit einem Handy organisieren, fördert somit einerseits selbständiges und komplexes Denken, andererseits auch die Planung und Umsetzung eines solchen Vorhabens. Zudem machen sie auf diese Weise die Erfahrung, wie ein sinnvoller Einsatz von Handys erfolgen kann und trotzdem Spaß machen kann. 


Ich denke, das ist genau die Verantwortung, die wir als Eltern haben: Ihnen die Vorteile dieser Geräte aufzuzeigen und gleichzeitig vor Schäden, die ein übermäßiger Konsum mit sich bringt, bewahren. 


Was ist dann das richtige Alter für ein Handy?


Diese Frage würde ich niemals pauschal beantworten wollen. Jedes Kind ist anders, entwickelt sich anders und hat einen anderen familiären Background. Ich persönlich würde es abhängig davon machen, wie selbstreflexiv das Kind im Umgang mit diesen Geräten ist und wieviel an eigenständiger Verantwortung ihm übertragen wird. Darüber hinaus würde ich mir auch noch die Frage stellen, wie gut es in andere soziale Netze integriert ist, die durch persönliche Kontakte bestimmt werden, so dass der Handykonsum um die aktive Interaktion mit anderen ersetzt bzw. ergänzt wird.  



 
Handy in die Schultüte

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