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#handyinschultüte
Gehören meiner Meinung nach Handys in die Schultüte?
Diese Frage stellte mir neulich Britta von zwergalarm, mit der sie
gleichzeitig eine Bloggerparade ins Leben rief.
Hm, was soll ich dazu sagen … ab und zu bin ich mir gar
nicht sicher, ob diese Dinger in die Hände von manchen Erwachsenen gehören
sollten!!
Warum?
Darum: Es ist schon etwas her, da hat sich meinem Mann
und mir in einem Restaurant ein trauriges Bild geboten. Zwei befreundete
Pärchen haben sich allem Anschein nach zum Lunch getroffen. Sie kamen nach uns, begrüßten sich herzlich,
wechselten einige Worte und freundliche Gesten und das so lange bis der Kellner
mit der Karte kam. Danach geschah nichts mehr, lediglich die Menüorder. Und
während mein Mann und ich unser Gespräch nur dann unterbrachen, wenn die Gabel
zum Mund geführt werden wollte oder der Kaureflex einsetzte, herrschte am Tisch
nebenan die absolute Stille. Unwillkürlich wanderte mein Blick in die Richtung
dieses Tisches; es war einfach so beängstigend still. Diese vier Menschen
nahmen an keinem Gespräch teil, an keinem gegenseitigen Austausch. Vier
Erwachsene vertieft in ihre
Elektrospielzeuge. „Denk nach, Mariola“ ging es mir leise durch den Kopf.
„Vielleicht ist das ja ein interkultureller Konflikt, den du gerade innerlich
ausficht. Vielleicht sind das da drüben keine Menschen, sondern Außerirdische,
deren Kommunikationskultur wir nicht weiter kennen und die sich – wie wir alle aus
gut recherchierten Science-Fiction-Filmen wissen – sowieso per Gedankenkraft
austauschen. GENAU! So muss das sein!“ Was für eine Erleichterung. Gott sei
Dank, habe ich eine Erklärung für dieses befremdliche Verhalten gefunden. Mit
meiner Welt wieder im Einklang habe ich nicht einmal registriert, als sie
noch vor uns das Restaurant verließen. Ebenso
still und leise … vielleicht durch's Beamen? Später dann, auf dem Weg zum Wagen
setzte meine innere Fragerunde wieder ein, als ich meine persönliche
Beobachtungsstudie intensivierte und die Umgebung nach befremdlichen Verhalten
scannte. Nach einer Weile kam ich zu dem Schluss: SIE SIND
TATSÄCHLICH UNTER UNS! …
Ob es nun Außerirdische unter uns gibt oder nicht,
Handys und Smartphones sind ein wesentlicher Teil unseres Lebens geworden. Selbst
dann, wenn wir gern den Spruch zum Besten geben: „Damals haben wir so etwas
nicht gehabt und sind trotzdem super zurechtgekommen“, ich kenne niemanden, der ein solches Gerät
nicht hat. Wir leben unseren Kindern diese Welt vor und an uns liegt es, sie
vor Gefahren, die der Umgang mit Handys, Smartphones etc. mit sich bringen
könnte, zu schützen. Zu solchen Gefahren zähle ich, hier nur exemplarisch
aufgelistet: Abhängigkeit, Spielsucht, Vereinsamung, Kontrolle und meiner
Ansicht nach einen bisher kaum vorhandenen und vertrauenswürdigen Nachweis darüber,
wie stark die Strahlung dieser Geräte ist und wie sie sich auf ihre und auch
auf unsere Gesundheit auswirkt. Zu einer ebenfalls großen Gefahr zähle ich,
wenn Kinder von früh auf lernen, sich mehr über das Haben als über das Sein zu
definieren. Handy oder Smartphone als Statussymbol sind gerade für diesen Punkt
ausschlaggebend.
Unsere eigenen Kinder sind mittlerweile 10 und 14 und
beide haben jeweils ein Handy. Die Große bekam ihr Handy als sie in die
Oberschule wechselte, also vor etwa 4 Jahren, da war sie 11. Die Kleine
bekam ein Handy bereits zu ihrem 9. Geburtstag.
Hat sich seit dem die Welt der Kinder völlig auf den
Kopf gestellt? Sitzen sie seitdem Tag und Nacht wie gebannt davor? Schlafen sie
komplett entkräftet ein, nachdem sie bis zur Bewusstlosigkeit damit gesimst und
gespielt haben?
NEIN!
Warum denn nicht?
Ich weiß es nicht! Ich kann nur mutmaßen.
Vielleicht, weil wir zu Hause die Handys und
Smartphones bloß als eine Art Arbeitshilfe betrachten und sie vor allen Dingen
für unsere Arbeitszwecke einsetzen.
Vielleicht, weil wir es trotz dieser Geräte und ihrer
Verführungsstrategien schaffen, uns zu unterhalten,
auszutauschen, zuzuhören, Dinge gemeinsam
zu unternehmen.
Vielleicht, weil sie außerdem noch anderes im Kopf
haben, um das sie sich kümmern müssen: Ein Hund, zwei Katzen, Hausaufgaben, Hobbys
und Freunde treffen, ein bisschen im Haushalt helfen und das eigene Zimmer auf Vordermann bringen. Mit
Großeltern, Tanten und Onkeln Ausflüge machen etc.
Hierbei möchte ich aber anmerken, dass sie die Handys
fast jeden Tag benutzen – aber in einer so maßvollen Dosis, dass wir damit alle
ziemlich gut leben können. Meistens irgendwie zwischendurch, wenn gerade nichts
ansteht, was spannender ist. Es kommt aber auch genauso häufig vor, dass sie
die Handys über mehrere Tage komplett vergessen.
Kommen wir zurück zu der Frage: Gehören Handys in die
Schultüte? Ich denke: NEIN.
Warum?
Erstmal ein ganz normaler und sachlicher Grund: Lehrer
hassen Handys! Sie wollen sie weder im Unterricht, noch in den Pausen und erst
recht nicht auf Klassenfahrten sehen. Jedenfalls nicht die Lehrer, die bisher
unsere Kinder unterrichtet haben. Im
Klassenverband und auf dem Schulhof lenken Handys oder Smartphones die Kinder
vom Lernen und auch von gemeinsamen Bewegungsspielen ab und wecken Sozialneid –
zwei wesentliche Punkte, die man unbedingt überdenken sollte, bevor man einem Erstklässler
ein Handy in die Schultüte packt.
Und jetzt einige persönliche Gründe:
Kinder brauchen Aufmerksamkeit – unsere Aufmerksamkeit,
psychische und physische Anwesenheit.
Das Leben findet draußen statt – nicht vor dem Handy,
Computer, Fernseher ….
Sowohl soziale und emotionale Kompetenz, als auch
Konfliktfähigkeit können nur im Umgang mit anderen Mitmenschen erworben werden.
Das muss man lernen, dazu sind Kontakte
von Nöten – keine einprogrammierten Smileys.
Kinder müssen auch die Erfahrung machen, dass wir ihnen
vertrauen, uns auf sie verlassen und Ihnen Dinge auch zutrauen! Deshalb ist es
für mich unbedeutend, dass mein Kind mich darüber in Kenntnis setzt, dass es: Gerade die Schule verlassen hat - und 4,6
Minuten später, gerade auf dem Weg nach Hause ist, an der Kreuzung xy steht, wo
die Ampel gerade auf Rot gesprungen ist, weshalb es sich vermutlich um 3,5
Minuten verspäten wird. Das hat etwas Zwanghaftes und Kontrollsüchtiges.
Das bin nicht ich und das will ich auch nicht sein.
Ich weiß, dass an dieser Stelle sehr viele Eltern
„schreien“ werden und ich hatte schon
einige Elterngespräche zu diesem Thema gehabt. Das ist aber meine Meinung schon
immer gewesen. Punkt.
Der Horizont der Kinder erweitert sich dann, wenn wir
ihnen Anstöße geben und zeigen, was die Welt für sie offen hält. Dazu müssen
wir ihnen Raum geben, damit sie sich ausprobieren können. Kein Kind weiß, ob es
gern tanzt, ein Instrument spielt, schwimmt, reitet, bastelt, Fußball spielt,
Fahrrad fährt etc. wenn wir ihnen diese Möglichkeiten nicht anbieten und sie am
Anfang dabei begleiten. Wenn man niemanden zum Fußballspielen hat, wird man nie
erfahren, wie gut es sich anfühlt, wenn man sich einmal so richtig auf dem
Spielfeld austoben konnte. Wenn niemand einem Kind das Fahrradfahren beibringt
und regelmäßig Ausflüge unternimmt, wird es sich nie sicher auf den zwei Rädern
fühlen und irgendwann selbständig mit Freunden kleine Vorhaben starten – und
sei es nur, um sich gegenseitig abzuholen, um zum Sportplatz zu fahren, oder um ein
Spielplatz-Hopping zu machen.
Letzteres lässt sich von Kindern perfekt mit einem
Handy organisieren, fördert somit einerseits selbständiges und komplexes Denken,
andererseits auch die Planung und Umsetzung eines solchen Vorhabens. Zudem
machen sie auf diese Weise die Erfahrung, wie ein sinnvoller Einsatz von Handys
erfolgen kann und trotzdem Spaß machen kann.
Ich denke, das ist genau die Verantwortung, die wir als
Eltern haben: Ihnen die Vorteile dieser Geräte aufzuzeigen und gleichzeitig vor
Schäden, die ein übermäßiger Konsum mit sich bringt, bewahren.
Was ist dann das richtige Alter für ein Handy?
Diese Frage würde ich niemals pauschal beantworten
wollen. Jedes Kind ist anders, entwickelt sich anders und hat einen anderen
familiären Background. Ich persönlich würde es abhängig davon machen, wie
selbstreflexiv das Kind im Umgang mit diesen Geräten ist und wieviel an
eigenständiger Verantwortung ihm übertragen wird. Darüber hinaus würde ich mir
auch noch die Frage stellen, wie gut es in andere soziale Netze integriert ist,
die durch persönliche Kontakte bestimmt werden, so dass der Handykonsum um die aktive Interaktion mit anderen ersetzt
bzw. ergänzt wird.
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